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jener bedingt sein. Und das bestätigt die Vergleichung einzelner Stellen.

In einem Abschnitte über ungleiche Ehen unter Freien,[1] bei welchen vorgreifende Verarbeitung einer spätern Stelle des Sachsenspiegels[2] durch den Verfasser des Deutschenspiegels ausser andern geltend gemachten Gründen auch desshalb anzunehmen sein wird, weil die Stelle im Deutschenspiegel an dem durch die Ordnung des Sachsenspiegels gewiesenen Platze fehlt, entsprechen unzweifelhaft die Semperfreien den Schöffenbaren des Sachsenspiegels, die Mittelfreien aber den Pfleghaften, während freie Landsassen in beiden Quellen genannt werden.[3] Hier handelt es sich allerdings um landrechtlich geschiedene Klassen; aber unzweifelhaft nicht um die Mittelfreien, welche für den Heerschiid in Betracht kommen. Denn dem Pfleghaften, dem sie hier entsprechen, haben wir unzweifelhaft als einem nicht ritterlich, sondern bäuerlich Lebenden die Lehnsfähigkeit abzusprechen, wie er ja auch in den sächsischen Heerschilden nicht erscheint. War der Ausdruck Pfleghafte im Süden unbekannt, galt es ihn durch einen andern zu ersetzen, so bot sich zur Bezeichnung einer mittleren Klasse von Freien ganz passend der Ausdruck Mittelfreie, welchen der Verfasser des Deutschenspiegels ganz willkürlich aufgegriffen zu haben scheint, um den Standesabstufungen des Sachsenspiegels, für welche es an einer entsprechenden Anzahl süddeutscher Ausdrücke mangelte, folgen zu können. Hatte er doch auch schon früher im Eingange[4] die Pfleghaften durch Mittelfreie ersetzt, nur dass dort nicht, wie hier, zugleich der Begriff der Pfleghaften auf sie übergegangen ist.

Dieser enge Anschluss an die dreifache Freiheit des Sachsenspiegels wird uns nun aber nicht zu der Annahme verführen dürfen, es habe wirklich auch im Süden drei landrechtlich geschiedene Klassen von Freien gegeben. Dass es sich gerade hier um eine willkürliche Nachahmung, der Vorlage, nicht um Beachtung des thatsächlichen Rechtslebens des Südens handelt,

  1. Deutschsp. 62. Schwäb. Ldr. 70 b.
  2. Sächs. Ldr. 3, 73 § 1.
  3. Vgl. Zöpfl Alterth. 2, 217.
  4. Sächs. Ldr. 1, 2 § 1. Deutschsp. 3. Schwäb. Ldr. Vorr. h.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_152.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)