Seite:Vom Heerschilde 145.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

bestimmt, ebenso die zwischen dem fünften und sechsten durch den landrechtlichen Gegensatz von Freiheit und Unfreiheit.

Zweifelhaft kann es aber sein, worin wir den Unterschied zwischen den freien Herren und Mittelfreien zu suchen haben; zumal da der Schwabenspiegel den ihm eigenthümlichen Ausdruck Mittelfreie keineswegs folgerecht zu gebrauchen scheint. Es wird daher rathsam sein, zunächst von ihm selbst ganz abzusehen, und uns auf Grundlage anderer Quellen jener Zeit die bezüglichen ständischen Verhältnisse des Südens zu vergegenwärtigen. Die Bezeichnungen der Stände in den Urkunden, wie wir dieselben insbesondere in den Zeugenreihen oft angewandt finden, bieten dafür einen Anhalt. Wir werden annehmen müssen, dass alle rittermässig lebenden Personenklassen zeitweise in der Umgebung des Königs und der Fürsten vertreten waren, folglich die gebrauchten Ausdrücke alle Lehnsfähigen umfassen müssen. Wir finden nun regelmässig unter den Fürsten nur zwei Klassen geschieden, von den wenigen Fällen abgesehen, wo in kaiser- lichen[1] und vereinzelt in fürstlichen Urkunden[2] der Grafentitel Veranlassung gab, die Comites als besondere Klasse den andern vorzustellen. Zur Zeit der Entstehung des Schwabenspiegels und schon geraume Zeit vorher werden diese Klassen in der Regel als Nobiles und Milites bezeichnet; so z. B. mit nächster Beziehung auf die Lehnsfähigkeit, wenn K. Rudolf 1277 den Bürgern von Luzern das Recht ertheilt, ut more nobilium et militum imperii feodorum capaces esse possitis.[3] Da der Ausdruck Miles Freie und Unfreie bezeichnen kann, zuweilen selbst die Nobiles den Milites zugezählt werden, so ergibt sich daraus nicht unmittelbar, dass es nur einen Stand freier Ritterbürtiger gab; aber eine Prüfung des Standes der Einzelnen, welche als Ritter von den Edeln geschieden werden, würde doch durchweg ergeben, dass sie nur Dienstmannen waren. Und in den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts und früher finden wir denn auch ganz entsprechend die beiden Klassen als Nobiles und Ministeriales

  1. Vgl.Reichsfürstenst. § 100.
  2. z. B. Meiller Babenberg. Reg. 83.
  3. Kopp Urkunden. 23.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_145.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)