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ältesten allgemein üblich war. Sagt Otto von Freising mit nächster Rücksicht auf die Grafschaft Burgund: Mos in illa, qui pene in omnibus Galliae provinciis servatur, remansit, quod semper seniori fratri eiusque liberis seu maribus seu foeminis paternae haereditatis cedat auctoritas, caeteris ad illum tanquam ad dominum respicientibus,[1] so werden wir einerseits von vornherein schliessen dürfen, dass im rechtsrheinischen Deutschland dieses Herkommen nicht bestand, während der Ausdruck Gallien durchaus entsprechend scheint, insoweit es sich wirklich in ganz Frankreich, Burgund und Lothringen nachweisen lässt. Wir finden es so weit ausgedehnt, dass selbst dann, wenn jüngere Söhne ungetheilte Lehen erhielten, sie diese nicht unmittelbar vom Herrn, sondern vom ältesten Bruder hielten. So waren 1152 vom Grafen Heinrich von Champagne der eine Bruder mit den reichslehnbaren Grafschaften Ghartres und Blois, der andere mit der Grafschaft Sancerre belehnt.[2] Für Lothringen bietet ein Beispiel die reichslehnbare Markgrafschaft Namur, welche Graf Balduin von Hennegau 1195 dem jüngern Sohne Philipp bestimmte: ita quod Philippus terram illam a fratre suo comite Flandriae et Hanoniae post patris decessum in feodo ligio teneret, et ipsa terra dominio Hanoniensi adderetur, comes autem Hanoniensis ipsam terram ab imperatore teneret.[3] Man suchte in Frankreich dieses Verhältniss allerdings zu beseitigen, indem der König 1209 bestimmte: Ut — quidquid tenetur de domino ligie vel alio modo, si contigerit per successionem heredum vel quocumque alio modo divisionem inde fieri, quocumque modo fiat, omnes qui de illo feodo tenebunt, de domino feodi principaliter et nullo medio tenebunt, sicut unus antea tenebat, priusquam divisio facta esset; doch blieb das ohne Erfolg.[4]

Es fragt sich nun, ob dieses Verhältniss eine Niederung des Heerschildes der jüngern Brüder herbeiführte. In Frankreich unterschied man Fratriagium und Paragium.[5] Beim ersteren

  1. Gesta Frid. 1. 2. c. 29.
  2. Ducange Diss. sur l'hist. de S. Louis ed. Henschel 13. Brussel Us. d. fiefs 2, 869.
  3. Gislebert. Hanon. ed. Duchasteler 265.
  4. Ducange Diss. 14. Brussel Us. d. fiefs 2, 874.
  5. Vgl Ducange Diss. 13.14. Glossar. ed. Henschel 3, 404. 5, 81. Senckenberg Corp. iur. feud. 648.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_136.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)