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Rechtsbüchern vorliegenden Gestaltung auch nicht in frühere Zeiten zurückreichen könne. Für den gesammten Reichslehnsverband dürfte das auch richtig sein. Aber es sind sächsische Rechtsbücher, in welchen die Theorie zuerst auftritt, und bei einer Beschränkung auf Sachsen wird allerdings nichts im Wege stehen, sie schon für frühere Zeiten als massgebend zu betrachten. In Sachsen, wie ich anderweitig genauer nachweisen werde, gipfelt die Lehnsverbindung nicht schon zunächst im Herzoge, wie in den süddeutschen Herzogthümern; wie der sächsische Herzog, so erkennen hier auch die Markgrafen, der Pfalzgraf, der Landgraf und eine Reihe von Grafen, welche ihre Grafschaften unmittelbar vom Reiche hatten, keinen Laien als Herren an, als den König; wir finden keine Spur, dass sie Mannen des Herzogs gewesen wären, welchem überhaupt höchstens die Stellung eines Primus inter pares zukommt. Zeigt sich nun gerade in Sachsen auch schon früher eine Beschränkung des Fürstentitels auf diejenigen, welche auch nach der Fassung der Rechtsbücher Fürsten oder doch Fürstengenossen gewesen sein würden,[1] so wird nicht zu bezweifeln sein, dass die Anschauung eines vorwiegend durch lehnrechtliche Momente bestimmten Fürstenstandes von Sachsen ausging und sich dann bis etwa 1180 im ganzen Reiche Geltung zu verschaffen wusste.

Habe ich an anderm Orte lediglich nach äussern Kennzeichen nachgewiesen, welche weltliche Grosse seit jener Zeit zu den Fürsten gehörten,[2] so ergibt sich bei Prüfung der Einzelnen durchweg, dass ihre lehnrechtliche Stellung der Forderung der Theorie durchaus entspricht. Nur zwei Fälle einer Belehnung von Laienfürsten durch Genossen sind mir bekannt geworden.

Einmal hatte der Herzog von Lothringen Lehen vom Grafen von Champagne und ein Versuch, sich diesem Verhältnisse zu entziehen, dürfte eine Hauptveranlassung der Fehde im J. 1218 gewesen sein, da die erste Bestimmung des durch den König vermittelten Friedens dahin lautet: quod dux Lotharingie rediit

  1. Vgl. Reichsfürstenst. § 58.
  2. Vgl.Reichsfürstenst. § 134 ff.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_122.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)