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seinen Söhnen verliehen habe in feudum omnia bona — que dicto episcopo et ecclesie sue per mortem illustrium principum Austrie, Styrie, Karinthie et Karniole in eisdem partibus et in marchia vacare ceperunt. Diese Ausnahmsstellung ist weniger auffallend, wenn wir nach Massgabe unserer früheren Erörterung annehmen, dass man zur Zeit der Gründung von Gurk die Investitur durch den Erzbischof noch nicht als eine Lehnsverbindung betrachtete. War das später der Fall, so ergab sich eine ganz eigenthümliche Stellung; der Bischof war Mann des Erzbischofs und hatte wieder Laienfürsten zu Mannen und in der Heerschildsordnung würden wir ihm seine Stelle zwischen dem zweiten und dritten Heerschilde anzuweisen haben. Aber unbedingt scheint man das doch nicht so aufgefasst zu haben; meldet eine spätestens der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts angehörige Aufzeichnung: Der hertzoge Otacker von Steyer het diu purch ze Rohatz und wol sechs hundert huben, di dar zuo gehorten, von dem pischolfe von Gurch; du der hertzog Otacker starp, du en achtet der hertzoge Leupolt der alte, des hertzogen Leupoldes en, uf daz lehn nicht und versmaht im daz lehn ze haben von dem pischolfe von Gurk; du unterwunten sich des selben lehns di von Gonwitz; also ist daz lehn under wegen bliben,[1] so zeigt sich doch offenbar die Anschauung, dass es sich für einen Herzog von Oesterreich nicht zieme, Mann eines Salzburger Vasallen zu sein.

Wir stossen so überall, zumal wo es sich um Kirchenlehen handelt, auf Ausnahmsverhältnisse, welche sich der allgemeinen Regel nicht fügen, welche in die Ordnung und Bedeutung der Heerschilde eingreifen, ohne dass die Theorie sie beachtet hätte, während sie zugleich im wirklichen Leben vielfach verschieden beurtheilt werden mochten. Es waren eben zwei, wohl nahe verwandte, aber doch ursprünglich bestimmt geschiedene Verhältnisse, die Investitur und das Mannlehen, ineinander übergegangen, und zwar so, dass nur für eine erste Stufe die Verschmelzung, so weit das irgend statthaft, vollständig und folgerichtig durchgeführt

  1. Mon. Boica 29 b, 316.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_119.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)