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vielem Gram und Sorgen um Euch – vor einem Jahre sanft und selig verschieden, und wandelt jetzt als verklärter Geist auf einem jener leuchtenden Sterne, die bei dunkeln Nächten mit ihrem Glanze den Wanderer wohlthuend erfreuen.

„Ach! – seufzten tief die von Herzen Betrübten – könnten wir doch nur einmal vor dem Hingange zum ewigen Frieden, nur noch einmal, die uns ewig theuern Züge jenes unsers Lieblings sehen!“

„Euer Wunsch soll gewährt werden,“ versicherte der Alte; denn nur er war es, der ihr gedachtes Kreuz geschenkt und sie im christlichen Glauben unterrichtet hatte; „harret nur, bis des Mondes Sichel sich zum zweitenmale krümmt; dann geht Abends auf den nahe liegenden Berg, dort werdet ihr sie ohne langes Suchen finden.“

Da sich nun des Mondes Sichel zum zweitenmale am blauen Himmel erhob, wandelten eines Abends Beide – gleich Baucis und Philemon – zu dem ihnen bezeichneten Berge, den sie schon in der Ferne hell erleuchtet erblickten. Als sie näher kamen, fanden sie eine geöffnete Thüre, die in ein mit tausend Lampen erleuchtetes Gewölbe führte, in dessen Mitte ein krystallener Sarg stand, der der geliebten Tochter irdische Hülle barg. Lebensfrische, blühende Röthe und alle Reize, die sie im Leben schmückten, gewahrte man auch an der Entseelten; eben so wallte das goldgelockte Haar um die heitre Stirn und eben so schwebte das seraphische Lächeln um den wohlgeformten Mund, daß man sie eher für eine sanft