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in den Phaeton und braußte mit seinen gefiederten Rossen durch die Lüfte. Den Jammer der Aeltern, – welche, nachdem sie Alles, was der Guten angehört hatte, gleich Heiligthümern aufbewahrten, auch das silberne Kreuz fanden, welches so lange gegen des Bösen Arglist ihr ein Talisman gewesen war und das sie an jenem unglücklichen Tage umzuhängen vergessen hatte – über diesen unschätzbaren Verlust, vermag keine Feder zu beschreiben. Traurig und freudenlos entschlichen ihre Tage – denn kein heilender Balsam lindert Seelenwunden. – So vergingen Jahre in Wehmuth, da keine Nachricht von der Verlorenen einging. – Eines Abends, da ein schreckliches Unwetter den Gau geißelte, klopfte es hastig an’s Schloßthor. Man fragte, wer da sey? und da die Antwort: „Ein armer Verirrter, der um ein Nachtlager bittet“, gegeben wurde, öffnete sich die Pforte und ein langer, hagerer Mann, mit Zutrauen erweckendem Angesicht, trat ein, den man sogleich zum Sitzen nöthigte und mit Speis’ und Trank erquickte. Nachdem dieses geschehen, forschte der Alte nach der so tiefen Betrübniß des gütigen Paars, die ihm denn bekannt gemacht wurde, worauf er entgegnete: „Ich weiß recht wohl, wo euer geliebtes Kind hingekommen ist; der böse Zauberer entführte sie in’s Böhmerland auf sein vestes Schloß, das jeder Entzauberung trotzt und aus welchem kein Erlös zu hoffen. Dort ist sie – da selbige seinen Lockungen kein Gehör gab, sondern vest an der Tugend hielt, nachdem sie heimlich den christlichen Glauben, in welchem sie, da sie noch unter euch weilte, durch fromme Männer, denen sie Gutes that, unterrichtet wurde, nach