Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 205.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

erklärte: „Wie sie aus Liebe zu ihren Aeltern bei deren Lebzeiten nie heirathen und nach deren Hinscheiden nach Rom gehen, eine Christin werden und den Schleier nehmen wolle,“ von welchem Entschlusse sie weder ihre Aeltern, noch die rüstigen, reichen Freier abzuziehen vermochten.

Die sanfte, begütigende Art, womit sie die Brautwerber entließ, beruhigte dieselben zwar und ließ nur bei Einem den Groll Wurzel schlagen. Dieser war ein schöner, aber bösherziger Mann, von finsterm, tückischem Gemüthe, welcher nebenbei Zauberkünste trieb und sich empfindlich wegen der Verneinung zu rächen, höchlich vermaß. Dieses nun vermochte die Aeltern das theure Töchterlein sorgsam zu bewahren und fast nie aus den Augen zu lassen, wodurch denn des bösen Zauberers Ränke und Versuche vereitelt wurden, vorzüglich aber schützte ein silbernes Kreuz das Kind, welches sie von einem frommen Manne, dem sie sich entdeckt, zum Geschenk erhalten hatte und das sie fortwährend am Halse trug, vor aller List und Umgarnung.

Einst aber – es war gleich in der ersten Nachmittagsstunde – als sie Almosen vertheilte und die Aeltern dieser Beschäftigung mit Wohlgefallen vom Söller zusahen, rauschte es plötzlich durch die Luft und zwei Greife, die einen vergoldeten Wagen, in welchem ein schöner, goldgelockter Knabe saß, senkten sich nieder. Wiarda, nichts Gutes ahnend, wollte fliehen; allein das Schloß war eingesprungen und die Arme fand sich ausgesperrt. Der Knabe trug sie – ehe die bestürzten Aeltern Hilfe leisten konnten –