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LXXVII. Die Zwerghochzeit.[1]

Von Gaußig, einem ungefähr zwei Stunden von Budissin entfernten Pfarrdorfe, führt der Weg nach dem Dorfe Neukirch, über eine mit verschiedenen Holzgattungen – größtentheils mit Nadelholz – bewachsene Anhöhe. Vor einigen und funfzig Jahren befand sich noch – linker Hand des Sängers – daselbst ein freier, begraster, mit mannigfaltigen Wiesenblumen geschmückter Platz, insgemein der Tanzboden genannt, von welchem verlautete:

Wie in der Bartholomäusnacht ein dichter Nebel dem Schoos der Erde entsteige, aus welchem nach und nach kleine, niedliche Geschöpfe beiderlei Geschlechts und verschiedenen Alters sich entwickelten, in das nächste Buschwerk schlüpften, dann nach entschwundenem Nebel Paar und Paar unter Vortritt von Spielleuten aus dem Dickicht kämen, ein schön geschmücktes Brautpaar mitbrächten, dreimal im Kreise herumzögen, dann sich an eine reich besetzte Tafel setzten, an welcher Braut und Bräutigam den Ehrenplatz einnähmen, sich in Speis’ und Trank gütlich thäten und nach beendeter Mahlzeit unter fröhlicher Tanzmusik im bunten Reigen dahinflögen und erst dann, wann die Sterne erbleichten, und wiederum der Frühnebel aufsteige, in ihre unterirdischen Wohnungen zurückkehrten.


  1. Eine dieser ähnliche Sage ist die bekannte von einer Frau von Bünau auf Bomsen, welche bei einer Zwerghochzeit drei Brotchen mit der Verheißung, daß, so lange diese bei der Familie sich befänden und die zu erzeugenden Knaben einen von den drei Namen: Rudolph, Günther oder Heinrich erhielten, Glück und Segen von diesem Hause nie weichen würde.