Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 108.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Er kann – da er warnt und Niemandem je geschadet – nicht bösartig, scheint jedoch wohl etwas geiziger Natur zu seyn, indem noch nie bekannt geworden ist, daß er Jemandem etwas geschenkt habe.


XL. Der Geldkeller.

Ost-südwärts von der ältesten Lausitzer Stadt Löbau erhebt sich ein hoher, steiler Berg, welcher gegen die Stadt zu eine freie, reizende Aussicht gewährt und voller Steine liegt. Auf seinem einen, mit einem Häuschen verzierten Gipfel öffnet sich am Johannistage Mittags um 12 Uhr ein Höhle, welche sich Nachts um die nämliche Stunde wiederum schließt. Wer nun zur angeführten Zeit in selbige eintritt und derselben labyrinthische Gänge durchwandelt, wird an deren Ende Haufen von Gold- und Silbermünzen finden, von denen er sich nach Belieben, so viel er davon will, einstecken kann.

Am Johannistage 1516 hatte ein Bauer das Glück den Eingang geöffnet zu finden; er ging hinein und erblickte mit offenen, nüchternen Augen den unermeßlichen Schatz. Erstaunt, wie Irus über Krösus Reichthum, war er unschlüssig, was er thun oder lassen sollte, bis er sich endlich entschloß seine Taschen und Mütze zu füllen und belastet mit der köstlichen Beute den Rückweg anzutreten. Allein vorher schon durch das viele Hin- und Hergehen zweifelhaft gemacht und nunmehr ob seines Glücks trunken, verirrte er sich in den Kreuzgängen und die verhängnißvolle Stunde, mit welcher sich der Kreuzgang schloß, ertönte. Von Grabesnacht umdüstert sah sich nun der Arme.