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Besitz dieses Kleinods zu setzen. Nun erst – aber zu spät – eilte er an den Ort, wo die Blume gestanden, gewahrte aber keine Spur mehr davon, wohl aber wehte der kühle Morgenwind einen Zettel von schwarzem Pergament, der folgende, mit goldener Mönchsschrift geschriebene, Worte:

„Mortalis, immaculati cordis, qui tempore floris mei, fortuitu huc venit casu, carpere me potest, et vti bonis, quae praebeo, sin minus, fugiat longe,“[1]

enthielt, dem Betäubten zu.

Eine alte fast unleserliche Handschrift, die noch Anfangs des vorigen Jahrhunderts mit dem Pergamentzettel in Urschrift, nebst einer gerichtlich aufgenommenen Registratur über die Aussage des Försters auf der Löbauer Rathsbibliothek vorgezeigt wurde, enthielt Folgendes:

„Blühet in dem Gärtlein uf dem Löbawer Berge, allein nur aller hundert Johr, gar in der Mitternachts Stund von St. Joannis Enthäubtung gar ein wunderseltsam Blühmlein, von anmuthiger Gestalt vndt lieblichem Gedüft, welches der, so reinen Herzens ist, leicht aus der Erd reissen kan vndt dadurch zu hoher Ehr vndt vielen Geld gelangt, sintemalen die starke, große Wurz,

  1. Der Löbauer Rektor M. Martin Boreck 1571 (bekannt durch seine Zwistigkeiten mit dem dasigen past. primar. M. Johann Telischer, der 1579 seines Amts entlassen wurde), hat dieses, eben nicht ernestische Latein, folgendermaaßen übertragen: „Der Sterbliche von reiner Seele, der zu meiner Blüthenzeit von ungefähr hierher kommt, kann mich brechen, und das Glück, das ich ihm gewähre, genießen.“