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Je üppiger die umgebende Natur bei einem Volke war, desto lebhafter war seine Phantasie, die sich um so mehr Gottheiten schuf, welchen sie wiederum andere unterordnete, indem ja schon in der sublunarischen Welt vornehme Herren ihre Diener haben, die jener Willensmeinung den Erdensöhnen verkünden, Arme und Leidende unterstützen und die Verstockten bestrafen. Ja, wie in der wirklichen Welt man sich auch nicht gerade zu an den Herrscher, sondern an seine Diener wendet, die das Anliegen zum Ohr des Herrn gelangen lassen, eben so wendete man sich bei religiösen Angelegenheiten an die Untergottheiten oder dienstbaren Geister. Man schuf, da nach der Ansicht der Philosophen der Mensch zwei Naturen, eine gute und böse hat – auch gute und böse Gottheiten, zur Belohnung des Guten und Bestrafung des Bösen, welche wiederum ihre Diener, als Willensvollstrecker ihrer Befehle hatten. Je lebenslustiger, je gesellschaftlicher ein Volk war, destomehr Gottheiten und göttliche Wesen schuf seine Phantasie. Der Mensch liebte es nicht allein zu seyn; daher ahnete er überall, in der ihn umgebenden Natur, überirdische Geschöpfe, die – wie gedacht – ihn leiteten, führten, schützten, verführten oder schadeten. Um ihn, den Menschen her, lebte und webte Alles. Erde, Wald und Fluß, Berg, Thal, Baum und Strauch hatten ihre Gottheiten, was über und unter der Erde war, seine geistige Bewohner. Die Natur, indem sie mehr oder weniger auf die Phantasie wirkte und selbige erregte, hatte auf die Geisterwelt ihren Einfluß. Ein vom Sturm durchbraußter, ehrwürdiger Eichenwald rief in dem Menschen ernste Gedanken hervor,