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 §. 13.  Da wir gesehen haben, daß der Mordent, zumahl wenn er lang ist, bey lang auszuhaltenden Noten zur Ausfüllung gebraucht wird; so kan er auch nach einem Triller in diesem Falle vorkommen; man muß ihn aber durch die Theilung der langen Note von dem Triller absondern. Ausser dieser Vorsicht würde es unrecht seyn, unmittelbar nach dem Triller den Mordenten anzubringen, weil man niemahls die Manieren hinter einander häufen soll. Nach der bey Fig. LXXVII. abgebildeten Ausführung eines Exempels ist also beyden Anmerckungen ihr Recht wiederfahren. Die Währung des Mordenten richtet sich nach dem Tempo, welches allerdings nicht geschwinde seyn darf, weil man sonst dieses Hülfs-Mittel nicht nöthig hat.

 §. 14.  Bey dieser Gelegenheit kan man anmercken, daß der Mordent und der Prall-Triller zwey entgegengesetzte Manieren sind. Der letzte kan nur auf eine Art, nehmlich bey einer fallenden Secunde angebracht werden, wo gar niemahls ein Mordent statt hat. Das eintzige haben sie mit einander gemein, daß sie beyderseits in die Secunde hineinschleifen, der Mordent im hinaufsteigen, und der Prall-Triller im heruntergehen. Bey Fig. LXXVIII. sehen wir diesen Fall deutlich vorgestellt.

 §. 15.  Bey Gelegenheit des Mordenten muß ich einer willkührlichen Manier Erwehnung thun, welche wir zuweilen in langsamen Stücken im Anfange, und vor Fermaten oder Pausen, besonders von den Sängern hören. Die simpeln Noten, wo diese Manier statt hat, sammt ihrer Ausführung finden wir unter Fig. LXXIX. Da diese letztere den Noten eines Mordenten vollkommen ähnlich ist, und der Fall, wo man sie trift, einen Mordenten leidet, nur daß er nach dem gewöhnlichen Vortrage zu bald vorbey gehen dürfte, so kan man diese Manier für einen langsamen Mordenten ansehen, welcher ausser diesem Falle verwerflich ist.