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 §. 2.  Ohngeachtet man gemeiniglich einen langen Mordenten nur allein über lange Noten, und einen kurtzen über kurtze Noten abzubilden pflegt; so findet sich dennoch jener oft über Viertheilen und Achttheilen, nachdem die Zeit-Maasse ist, und dieser über Noten von allerley Geltung und Länge.

 §. 3.  Man hat noch eine besondere Art, den Mordenten, wenn er gantz kurtz seyn soll, zu machen (c). Von diesen beyden zugleich angeschlagenen Noten wird allein die oberste gehalten, die unterste hebt man gleich wieder auf. Dieser Ausdruck ist nicht zu verwerfen, so lange als man ihn seltner als die andern Mordenten anbringt. Er kommt blos ex abrupto, d. i. ohne Verbindung vor.

 §. 4.  Diese Manier liebt hinaufgehende oder springende Noten vorzüglich; bey herunter springenden kommt sie nicht so oft, bey fallenden Secunden gar nicht vor. Sie läßt sich im Anfange, in der Mitte, und am Ende eines Stückes finden.

 §. 5.  Sie hängt die geschleiften Noten, sie mögen gehen oder springen, ohne und mit einem Vorschlage zusammen Fig. LXXIII. Dieses Verbinden geschiehet am öftersten bey einer steigenden Secunde; dann und wann auch ausserdem durch Vorschläge (*). Wenn der Mordent über einem Vorschlage von unten, vor einem Sprunge sich finden läßt (a), so muß die Haupt-Note lang seyn, damit sie so viel als nöthig ist von ihrer Geltung verliehren könne, um diesem Vorschlage durch einen langen Mordenten einen Nachdruck zu geben. In diesem Falle verbindet und füllet diese Manier zugleich. Bey den Recitativen[WS 1] pflegt dieser Fall zuweilen vorzukommen.

 §. 6.  Der Mordent nach einem Vorschlage wird nach der Regel des Vortrags der Vorschläge leise gemacht.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Rccitativen