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 §. 80.  Wenn bey diesen harmonischen Zusammen-Klängen eine von den äussersten Stimmen auf einen halben Ton fällt, so nimmt man eine Applicatur, wobey nach Erfordern der Daumen oder kleine Finger gemißt werden kan. Doch da man, zumahl was den kleinen Finger betrift, nicht allezeit alle Bequemlichkeit beybehalten kan, weswegen auch dieser Finger mehr Erlaubniß hat auf die halben Töne gesetzt zu werden, wie der Daumen: so muß man sich nach dem vorhergehenden so wohl als nach der Folge richten, und, da alle Finger nicht gleich sind, überhaupt bey allen Spannungen auf das ungezwungene und natürliche, so viel möglich, bedacht seyn, folglich eine kleine Unbequemlichkeit einer grössern vorziehen, indem man oft den kleinen Finger, oder den Daumen lieber auf einen halben Ton setzt, als, ohne selbige Finger übertriebene Spannungen vornimmt, welche nicht allezeit glücken. Wenn viele vollstimmige Anschläge hinter einander vorkommen, so thut man wohl, wenn es seyn kan, daß man sich solche durch die Abwechselung der Finger erleichtert.

 §. 81.  Wenn bey solchen mehrstimmigen Griffen die beyden äussersten Stimmen auf halben Tönen gegriffen werden müssen, so ist gar kein Bedencken wegen dieser zwey kürtzesten Finger mehr übrig, indem, wenn sie beyde auf die hinten stehenden Tasten gesetzt werden, die gantze Hand dadurch hinter gerückt wird, und folglich die Ursache wegfällt, warum der Daumen und der kleine Finger nicht gar bequem auf diesen halben Tönen gebraucht werden.

 §. 82.  Da man alle Brechungen und springende Gedancken, so viel als es seyn kan, auf diese mehrstimmige Anschläge zurück führet, so folgt hieraus, daß sie auch nach unserer vorgeschriebenen Finger-Setzung gespielt und zugleich nach den darbey angemerckten Umständen beurtheilet werden müssen. Die aus dem