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fortkommen kan, da es noch eher vordem angieng. Mein seliger Vater hat mir erzählt, in seiner Jugend grosse Männer gehört zu haben, welche den Daumen nicht eher gebraucht, als wenn es bey grossen Spannungen nöthig war. Da er nun einen Zeitpunckt erlebet hatte, in welchem nach und nach eine gantz besondere Veränderung mit dem musicalischen Geschmack vorging: so wurde er dadurch genöthiget, einen weit vollkommenern Gebrauch der Finger sich auszudencken, besonders den Daumen, welcher ausser andern guten Diensten hauptsächlich in den schweren Tonarten gantz unentbehrlich ist, so zu gebrauchen, wie ihn die Natur gleichsam gebraucht wissen will. Hierdurch ist er auf einmahl von seiner bisherigen Unthätigkeit zu der Stelle des Haupt-Fingers erhoben worden.

 §. 8.  Da diese neue Finger-Setzung so beschaffen ist, daß man damit alles mögliche zur bestimmten Zeit leicht herausbringen kan; so lege ich solche hier zum Grunde.

 §. 9.  Es ist nöthig, bevor ich an die Lehre der Applicatur selbst gehe, vorhero gewisse Dinge zu erinnern, welche man theils vorhero wissen muß, theils von der Wichtigkeit sind, daß ohne sie auch die besten Regeln unkräftig bleiben würden.

 §. 10.  Ein Clavierist muß mitten vor der Tastatur sitzen, damit er mit gleicher Leichtigkeit so wohl die höchsten als tiefsten Töne anschlagen könne.

 §. 11.  Hängt der Vordertheil des Armes etwas weniges nach dem Griffbrete herunter, so ist man in der gehörigen Höhe.

 §. 12.  Man spielet mit gebogenen Fingern und schlaffen Nerven; je mehr insgemein hierinnen gefehlet wird, desto nöthiger ist hierauf acht zu haben. Die Steiffe ist aller Bewegung hinderlich, besonders dem Vermögen, die Hände geschwind auszudehnen und zusammen zu ziehen, welches alle Augenblicke nöthig ist.