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worden, wiederhohle ich allhier deswegen noch einmahl, damit man auf eine vernünftigere Art, als insgemein geschiehet, nemlich nicht durch eine übertriebene Gewalt des Anschlages, sondern vielmehr durch harmonische und melodische Figuren, z. E. die Raserey, den Zorn oder andere gewaltige Affecten vorzustellen suche. Auch in den geschwindesten Gedancken muß man hiebey jeder Note ihren gehörigen Druck geben; sonsten ist der Anschlag ungleich und undeutlich. Diese Gedancken werden gemeiniglich nach der bey den Trillern angeführten Art geschnellet.

 §. 5.  Die Lebhaftigkeit des Allegro wird gemeiniglich in gestossenen Noten und das Zärtliche des Adagio in getragenen und geschleiften Noten vorgestellet. Man hat also beym Vortrage darauf zu sehen, daß diese Art und Eigenschaft des Allegro und Adagio in Obacht genommen werde, wenn auch dieses bey den Stücken nicht angedeutet ist, und der Spieler noch nicht hinlängliche Einsichten in den Affect eines Stückes hat. Ich setze oben mit Fleiß gemeiniglich, weil ich wohl weiß, daß allerhand Arten von Noten bey allerhand Arten der Zeit-Maasse vorkommen können.

 §. 6.  Einige Personen spielen klebericht, als wenn sie Leim zwischen den Fingern hätten. Ihr Anschlag ist zu lang, indem sie die Noten über die Zeit liegen lassen. Andere haben es verbessern wollen, und spielen zu kurtz; als wenn die Tasten glühend wären. Es thut aber auch schlecht. Die Mittelstrasse ist die beste; ich rede hievon überhaupt; alle Arten des Anschlages sind zur rechten Zeit gut.

 §. 7.  Wegen Mangel des langen Tonhaltens und des vollkommnen Ab- und Zunehmen des Tones, welches man nicht unrecht durch Schatten und Licht mahlerisch ausdrückt, ist es keine geringe Aufgabe, auf unserm Instrumente ein Adagio singend zu