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Schutte hervorgewachsen. Unter dem Schatten dieses Baumes, fuhr der Bursche fort, habe er oft ganze Stunden zugebracht, um die sonderbaren Figuren zu betrachten, die auf den großen Steinen in runder Bildhauerarbeit conterfeit waren, und allerlei Spiele und Kämpfe vorstellten, gar lieblich und lustig anzusehen, aber leider auch vielfach zerstört von der Witterung oder überwachsen von Moos und Epheu. Sein Vater, den er um die geheimnißvolle Bedeutung jener Säulen und Bildwerke befragte, sagte ihm einst, daß dieses die Trümmer eines alten Tempels wären, worin ehemals ein verruchter Heidengott gehaust, der nicht blos die nackteste Liederlichkeit, sondern auch unnatürliche Laster und Blutschande getrieben; die blinden Heiden hätten aber dennoch, ihm zu Ehren, vor seinem Altar manchmal hundert Ochsen auf einmal geschlachtet; der ausgehöhlte Marmorblock, worin das Blut der Opfer geflossen, sei dort noch vorhanden, und es sei eben jener Steintrog, den er, sein Sohn, zuweilen dazu benutze, mit dem darin gesammelten Regenwasser seine Schweine zu

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Heinrich Heine: Vermischte Schriften. Erster Band. Hoffmann und Campe, Hamburg 1854, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vermischte_Schriften_263.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)