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der dem Fährmann, welcher des Charons Amt verrichtet und ein gewöhnlicher Fischer ist, das herkömmliche Fährgeld auszahlt. Trotz ihrer barocken Vermummung werden wir den wahren Namen jener Person bald errathen, und ich will daher die Tradition selbst so getreu als möglich hier mittheilen:

     In Ostfriesland, an der Küste der Nordsee, giebt es Buchten, die gleichsam kleine Hafen bilden und Siehle heißen. An den äußersten Vorsprüngen derselben steht das einsame Haus irgend eines Fischers, der hier mit seiner Familie ruhig und genügsam lebt. Die Natur ist dort traurig, kein Vogel pfeift, außer den Seemöven, welche manchmal mit einem fatalen Gekreische aus den Sandnestern der Dünen hervorfliegen und Sturm verkünden. Das monotone Geplätscher der brandenden See paßt sehr gut zu den düstern Wolkenzügen. Auch die Menschen singen hier nicht, und an dieser melancholischen Küste hört man nie die Strophe eines Volksliedes. Die Menschen hier zu Lande sind ernst, ehrlich, mehr vernünftig als religiös, und stolz auf den kühnen

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Heinrich Heine: Vermischte Schriften. Erster Band. Hoffmann und Campe, Hamburg 1854, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vermischte_Schriften_237.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)