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Gegensatz zu der „Verjährung“ bei den Römern, wo nach Ablauf einer gewissen Zeit der factische Besitzer eines Gutes von dem legitimen Eigenthümer nicht mehr zur Rückgabe gezwungen werden kann, wenn letzterer nicht zu beweisen vermag, während jener Zeit eine solche Restitution in gehöriger Form begehrt zu haben. Diese letzte Bedingniß ließ der Chicane offnes Feld, zumal in einem Staate, wo Despotismus und Jurisprudenz blühte und dem ungerechten Besitzer alle Mittel der Abschreckung, besonders dem Armen gegenüber, der die Streitkosten nicht erschwingen kann, zu Gebote stehn. Der Römer war zugleich Soldat und Advocat, und das Fremdgut, das er mit dem Schwerte erbeutet, wußte er durch Zungendrescherei zu vertheidigen. Nur ein Volk von Räubern und Casuisten konnte die Proscription, die Verjährung, erfinden und dieselbe consacriren in jenem abscheulichsten Buche, welches die Bibel des Teufels genannt werden kann, im Codex des römischen Civilrechts, der leider noch jetzt herrschend ist.

     Ich habe oben von der Verwandtschaft gesprochen,

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Vermischte Schriften. Erster Band. Hoffmann und Campe, Hamburg 1854, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vermischte_Schriften_093.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)