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zur Schänke kam. Er fand dort kein Unterkommen mehr, so sehr er auch darum bat. Es blieb ihm nichts weiter übrig, als in den Mauern der alten Kirche mit seiner Heerde Unterkunft zu suchen. Nachdem der Treiber mit seiner Heerde am folgenden Tage abgezogen war, wurde an der Kirche weiter gebaut, allein am folgenden Morgen fand man, dass Alles verwüstet war, was man am Tage zuvor gebaut hatte. Das wiederholte sich fortan jeden Tag. Da stellten die Reuthener des Nachts Wächter auf. Diese sahen um Mitternacht einen Wagen angefahren kommen, welchen zwei schwarze Stiere zogen. Sie bemerkten, dass Jemand abstieg, das frisch Gemauerte einriss und mit den Steinen den Wagen belud. Dann fuhr er ab. Alles geschah mit einer solchen Schnelligkeit, dass die Wächter nicht zu sehen vermochten, wer oder was für ein Wesen es war, welches die Mauern abriss. Es blieb den Bewohnern von Reuthen nichts anderes übrig, als dass sie die vorhandenen Mauern unvollendet stehen liessen, die Kirche aber an einem andern Fleck aufbauten.

Reuthen.     
4.

Die Madlower wollten ihre Kirche ursprünglich dort bauen, wo jetzt die Vogelskaupe ist. Allein so oft man auch den Grund gelegt hatte, immer war er des Morgens wieder verschwunden. Da stellte man einen Wächter auf. Allein diesen erfasste des Nachts ein Grausen und er lief davon. Endlich erbot sich ein sehr beherzter Mann, er wolle die Wache übernehmen. Als es zwölf Uhr schlug, kam ein Wagen angefahren, welchen zwei schwarze Ochsen zogen. Die Ochsen hatten grosse, feurige Augen. Sobald der Wagen zur Stelle war, sprang ein kleiner, schwarzer Mann von demselben herab, riss die Mauern ein, belud mit den Steinen den Wagen und fuhr damit fort. Als es eins schlug, hatte er sein Werk vollbracht. Darauf sagte er zu dem Wächter: „So lange Ihr hier bauen werdet, werde ich jedes Mal den Bau zerstören, denn dieser Ort ist verflucht. Wollt Ihr eine Kirche bauen, so mögt Ihr es dort drüben thun.“ Bei diesen Worten zeigte er nach jener Stelle hin, wo jetzt die Kirche steht.