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19.

Am Walpurgisabend wachte ein starker Mann an seinem Gehöft, damit die Hexen nicht in dasselbe eindrängen. Als er eine gute Weile dort gestanden hatte, näherte sich ihm ein Esel, der wollte zu ihm in den Hof. Der Bauer wehrte ihn aber ab. Als der Esel mit Macht auf ihn eindrang, erfasste er dessen Ohren. Der Esel setzte sich zur Wehre. Da der Mann aber sehr stark war, so gewann er im Ringen die Oberhand. Dabei zerriss er dem Esel die Ohren. Am folgenden Tage erzählten sich die Leute, es sei Jemand im Dorfe ganz zerschlagen, derselbe habe auch die Ohren zerrissen. Es war nicht anders: der zerschlagene Bauer war wirklich der Zauberer, welcher sich in einen Esel verwandelt hatte.

Papitz.     
20.

In der Walpurgisnacht entstand einst auf dem Viehhofe eines Bauers grosse Unruhe. Als man nachsah, bemerkten die Knechte eine Gans, welche fortwährend schreiend den Viehstall entlang lief. Die beiden Knechte des Gehöftes wollten das Thier hindern, solches Unwesen zu treiben. Sie machten sich daran, die Gans zu fangen. Es gelang ihnen auch, dieselbe zu ergreifen. Plötzlich aber flog die Gans mitsammt den Knechten, welche ihre Beute nicht losliessen, über den Thorweg. Nach einem Weilchen liess sich die Gans wieder zur Erde nieder. Auch jetzt liessen die Knechte nicht los. Da schlug es auf dem Kirchthurm eins. Mit dem Schlage eins hatten die beiden Knechte ein altes Weib unter ihren Händen. Das bat sie dringend, sie möchten es nicht verrathen, dann werde es ihnen gut gehen. Die Knechte aber hielten den Mund nicht. Darauf ist die alte Frau erkrankt und kurze Zeit darauf gestorben.

Kolkwitz.     
21.

In Werben wachte einst am Walpurgisabend ein Bauer vor seinem Hofe, damit die Hexen ihm nicht ins Gehöft hinein schlichen und Schaden brächten. Als er so dastand, näherte sich ihm eine fremde Gans. Die Gans las unterwegs