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aus, dass der Rand desselben ganz blieb; darauf trank er aus dem Glase so, dass er nicht die Nase, sondern das Kinn in das Glas steckte. Nachdem er Alles aufgegessen und ausgetrunken hatte, ackerte er ruhig weiter. Als er wieder zum Ende des Ackers kam, waren Kuchen und Glas verschwunden; vom Berge her aber rief es: „Dich hat der Teufel klug gemacht, jetzt müssen wir mit schwerem Herzen scheiden!“

Am folgenden Morgen erhielten die Leute in Krapitz und Kittlitz von den Geistern den Befehl, sie sollten in der nächsten Nacht die Hunde angebunden halten und sich nicht aus den Wohnungen rühren. Das thaten auch die Leute. In derselben Nacht aber hatte sich ein Mädchen im Freien verspätet. Da hörte es auf der Strasse von Weissenberg Wagengerassel und Pferdegetrappel. Das Mädchen blieb neugierig unter dem Thorweg stehen. Zuerst sah es eine Menge kleiner Geister in guter Ordnung vorüberziehen. Dann folgten Reiter, mit alten, verschimmelten Jacken angethan, hinter welchen zwölf kleine schöne Ochsen einen grossen, eisernen Wagen mit silbernen Reifen zogen, auf welchem sich eine grosse Pfanne, die mit Gold gefüllt war, befand.

Als der Wagen vorüber war, folgten wieder Reiter, angeführt von einem Manne mit einem hohen Federbusche. Am Thore, unter welchem das Mädchen zitternd stand, hielt plötzlich der Anführer und begann sorgfältig auf der Erde zu suchen. Als dem Mädchen nichts geschah, fasste es Muth, trat näher und sprach: „Was sucht Ihr, mein Herr?“ Dieser wandte sein bärtiges Antlitz und seine blitzenden Augen der Fragenden zu und antwortete missmuthig. „Einen Ring habe ich verloren,“ darauf suchte er weiter. Das Mädchen begann jetzt auch zu suchen, und fand wirklich den Ring. Derselbe war von reinem Golde, geschmückt mit einem grossen, funkelnden Edelstein. Das Mädchen trat schnell an den Herrn heran und übergab ihm den Ring. Dieser nahm ihn hocherfreut und sprach zu ihr: „Heute kann ich Dir nichts geben, aber komm über’s Jahr auf den Löbauer Berg, dort will ich Dich belohnen!“

Ueber’s Jahr machte sich das Mädchen auf, aber nicht allein, der Storch hatte ihr inzwischen ein Söhnchen gebracht,