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5.

Die Murawa hat eine rauhe Zunge. Wer sie am Kommen hindern will, muss beim Schlafengehen die Pantoffeln so unter das Bett stellen, dass die Spitzen derselben nach Aussen weisen.

Gross-Döbern.     
6.

Die Murawa erscheint bald als Mann, bald als Frau. Als Frau ist sie schwarz gekleidet, als Mann aber weiss.

Leuthen.     
7.

Die Murawa kommt auf einem Ziegenbock angeritten; sie hat eine rauhe Zunge. Derjenige, welchen sie drückt, muss ihr die kleine Zehe berühren, alsdann verlässt sie ihn.

Reinbusch.     
8.

Eines Abends legte sich ein Knecht im Pferdestall auf die Bank hin und schlief ein. Bald darauf kam die Murawa zu ihm, legte sich auf ihn und drückte ihn so, dass er kein Glied rühren konnte. Nach einiger Zeit verliess sie ihn. Der Knecht athmete wieder auf. Als er bald darauf erwachte, sagte er zu den Knechten, welche mit ihm dienten: „Wenn Ihr wieder merkt, dass mich die Murawa unter hat, so ruft meinen Namen, dann muss mich die Murawa loslassen.“

Ströbitz.     
9.

Einer Bäuerin aus Gross-Ossnig pflegte ein Mann auf Schritt und Tritt zu folgen, so sehr sie ihn auch mied. Legte sich die Bäuerin des Abends schlafen, so warf sich der Mann, welcher sich in eine Murawa verwandelte, über sie hinweg; dann konnte sie kein Glied rühren. Von den Leuten, welche zufällig im Zimmer anwesend waren, sah Niemand etwas. Sprechen konnte die Bäuerin auch nicht, denn die Murawa steckte ihr die Zunge in den Mund. Einmal, als die Bäuerin wieder von der Murawa bedrängt wurde, gelang es ihr jedoch, die Zunge frei zu machen. Da sagte sie zu der Murawa: „Komm morgen zum Frühstück.“