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Den andern Tag ging der Müller in seine Kammer und holte daraus einen goldenen Rehbock hervor. Dann sagte er zu dem Jäger: „Setz’ Dich darauf, Du wirst bald an dem Glasberge sein.“ Der Jäger nahm von dem Müller Abschied und setzte sich auf den Rehbock. Hei, wie ging das durch die Luft dahin, dass Alles nur so sauste und brauste! Endlich schimmerte in der Ferne der Glasberg auf; alsobald setzte der Rehbock den Jäger vor einem Quell nieder. Der Jäger war sehr durstig geworden, er bückte sich nieder und wollte aus dem Quell trinken, da rief eine Stimme: „Trinke nicht!“ Der Jäger aber achtete der Warnung nicht, sondern trank. Kaum hatte er das gethan, so rief eine Stimme: „Ach, hättest Du doch nicht getrunken, jetzt muss ich nach der finstern Welt.“ Erschreckt sprang der Jäger auf, allein so viel er auch sich umblickte, der Glasberg war verschwunden.

Nun machte sich der Jäger wieder auf den Weg, um die finstere Welt zu suchen. Nach langer Wanderung kam er wieder an eine Mühle. Er betrat dieselbe. Als der Müller ihn sah, sprach er: „Bist Du ein Mensch oder ein Geist?“ „Nein,“ sagte der Jäger, „ich bin kein Geist, ich bin ein Mensch, ich möchte den Weg zur finstern Welt wissen.“ Darauf erzählte der Jäger dem Müller Alles, was ihm begegnet war, dann fragte er ihn abermals, ob er den Weg zur finstern Welt wisse. Nach einem Weilchen sprach der Müller: „Die finstere Welt weiss ich wohl, aber dort wirst Du nie hinkommen.“ Der Jäger erwiderte: „Hin kommen muss ich auf jeden Fall, und wenn Jemand es möglich machen kann, so bist Du es.“ Da sprach der Müller: „Ich mahle für die finstere Welt. Von Zeit zu Zeit kommt der Vogel Greif und holt das Mehl in einer Tonne. Dort musst Du hinein kriechen, dann wird der Vogel Greif die Tonne auf den Rücken nehmen und Dich so in die finstere Welt tragen.“ Der Jäger war damit einverstanden. Er musste aber einige Zeit warten, bis der Vogel Greif kam. Als er der Mühle nahte, bohrte der Müller an einem Ende des Fasses kleine Löcher in den Boden desselben, damit der Jäger Luft habe, dann kroch dieser in das Fass hinein,