ihre Küsse und bis um ein Uhr ihre widerwärtige Gesellschaft gefallen lassen. Macht er einen Versuch zu entrinnen, so wird er von der wilden Frau sofort wieder eingeholt: dann muss er sich von ihr eine harte Züchtigung gefallen lassen und sie steckt ihm ihre behaarte Zunge in den Mund.
Die Serpolnica, welche von den Kindern Anna Subata genannt wird, erscheint gewöhnlich mit zwei Begleiterinnen.
Die Felder stehen unter der Obhut der Serpyšyja. Deshalb darf man keinen Getreidehalm muthwillig ausreissen. Wenn die Kinder Blumen pflücken und dabei des Getreides nicht schonen, so erscheint denselben die Serpyšyja und bringt ihnen Verderben.
Die Serpyšyja war eine weiss gekleidete, weibliche Gestalt, welche zur Zeit der Blüthe der Kornblumen oder Raden, oder wenn die Erbsen Schoten hatten, sich im Korne oder in den Erbsen aufzuhalten pflegte und zwar in der Mittagszeit. Gingen dann Kinder in das Getreide oder in die Erbsen, so schnitt sie denselben mit der Sichel den Kopf ab, die Leiche steckte sie in einen Sack.
Die Serpyšyja ist eine grosse Frau, welche ohne Kopf auf dem Felde herumwandelt; sie hat unter dem Arme eine Sichel. Kindern, welche in das Getreide gehen, um dort Kornblumen oder Kornraden und andere Blumen zu pflücken, und welche dabei die Halme zertreten, schneidet sie mit der Sichel die Köpfe ab.
Im Göritzer Grunde erscheint immer am Johannistage und in den zwölf Nächten eine weisse Jungfrau. Sie hat
Anmerkung (Wikisource)
Die Bedeutung der Doppellinie erläutert Veckenstedt im Vorwort auf Seite 5 folgendermaßen: Die Sagen und Märchen der deutschredenden Wenden finden sich in jedem Abschnitte nach dem Zeichen, welches zwei parallele Striche bilden.
Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Veckenstedt_-_Wendische_Sagen,_M%C3%A4rchen_und_abergl%C3%A4ubische_Gebr%C3%A4uche.pdf/130&oldid=- (Version vom 18.8.2016)