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wohlfeil, und sogar wohlfeiler als auf dem Lande, welche auf den Märkten und in den offenen Läden gekauft werden können; diese Waaren sind aber in der Regel mit den niedrigsten Arbeitsslöhnen und bei den einfachsten Lebensbedürfnissen in Fabriken und auf dem Lande zu Stande gebracht worden.

Man eifert freilich gegen den Luxus, aber es ist zu bedenken, daß wenn wir uns auf das Nothwendige beschränken wollten, ein sehr großer Theil der Menschen ohne Arbeit und Verdienst wäre; er ist, wie manches andere Schädliche, ein nothwendiges Uebel unserer Zeit.


§. 21.

Um nun dem unverhältnißmäßigen Steigen der Preise wenigstens bei denjenigen Waaren entgegen zu treten, welche durchaus nicht entbehrt werden können, also auch für den Armen käuflich seyn müssen, hat man die ersten Lebensbedürfnisse, wie Brod, Fleisch, Bier, Milch taxirt, die Taxen aber, damit den Verkäufern kein Unrecht geschehe, auf Marktpreise gegründet, wie die Taxe des Brods auf den Marktpreis der Brodfrüchte, die Taxe des Fleischs, des Biers und der Milch auf die Marktpreise von Vieh, Hopfen, Gerste und Butter.

Diese Taxen sind aber in neuerer Zeit hauptsächlich auf das Andringen der Verkäufer dieser Lebensmittel und wohl auch aus Vorliebe für Handelsfreiheit großentheils aufgegeben worden; hiezu scheint jedoch der rechte Zeitpunkt noch nicht gekommen zu seyn; denn mit der Entwicklung der Industrie erhält das Trachten nach Geld und Gewinn eine solche Gewalt, daß sie jede andere Rücksicht der Billigkeit etc. aufhebt. Das Aufgeben der Taxen läßt sich wohl erst dann rechtfertigen, wenn auch die taxirten Lebensbedürfnisse der freien Concurrenz anheimfallen, was vielleicht durch die außerordentliche Schnelligkeit und Wohlfeilheit der Versendung auf den Eisenbahnen möglich werden wird.


§. 22.

Wollte denn aber durch die Niederlassungs- und Gewerbefreiheit blos die Ermäßigung der Preise der Waaren erzielt werden, oder hatte sie vielleicht noch einen andern und höhern Zweck? Ohne Zweifel und dieser war: möglichst Vielen

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Christoph Leonhard Wolbach: Ulmische Zustände. Ernst Nübling, Ulm 1846, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ulmische_Zust%C3%A4nde_27.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)