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auf’s Neue vor, daß die Bürger durch die württembergisehe Feststellung des städtischen Haushalts zu Grunde gerichtet werden, daß Bayern der Stadt zwar fast all ihr Grund-Eigenthum entzogen, dagegen aber ihr Defizit mit jährlichen 24 bis 25,000 fl. gedeckt habe, während das Fehlende jetzt aus dem Vermögen der Bürger herbeigeschafft werden müsse, daß aber Württemberg, welches die Stadt durch Vertrag überkommen, und kraft desselben versprochen habe, die auf Verträge und andere öffentliche Urkunden gegründeten Entschädigungs-Ansprüche zu befriedigen, das städtische Defizit zu decken ebenfalls rechtlich verbunden sey.

Zuerst im Jahre 1817 wurde dießfallsigen Unterhandlungen von der Regierung statt gegeben; als königlicher Bevollmächtigter erschien dabei der frühere Organisations-Commissär Staatsrath v. Weckherlin; aus der Mitte des Stadtraths wurde Bürgermeister v. Wölkern und Senator Dieterich, und aus dem Bürgerausschusse der Verfasser, als damaliger Obmann desselben, nach Stuttgart abgeordnet.

Bei dieser Unterhandlung kam folgendes zur Sprache: Bayern, welches im Jahre 1803 das ganze Gebiet der Reichsstadt erworben, habe wegen dieser Erwerbung das städtische Defizit im durchschnittlichen Betrage von jährlichen 25,286 fl. gedeckt: von diesem ganzen Gebiete habe aber Bayern, als es die Stadt Ulm mit ihrem auf dem linken Donau-Ufer gelegenen Gebietstheile an Württemberg abgetreten, den auf dem rechten Donau-Ufer liegenden Theil behalten, und auf diesen Theil treffe nach Maasgabe des Steuerfußes eine Defizitdeckung von 2087 fl.

Diesen Theil des Defizit im kapitalisirten Betrage von 67177 fl. habe die württembergische Regierung nun selbst gegen die bayerische geltend gemacht, und ihn auch neben andern Forderungen von Bayern annähernd ersetzt erhalten; es könne daher keinem Anstande unterliegen, daß dasjenige, was Württemberg für die Stadt Ulm und Namens derselben von Bayern empfangen, auch der Stadt zu Theil werde; und so wurden denn im Jahre 1817 60,000 fl. städtischer Schulden von der württembergischen Staatskasse übernommen.

Damit war aber nur der kleinste Theil des Defizit, und nur derjenige, der auf Bayern getroffen hatte, gedeckt, für den größten Theil desselben, den Württemberg zu decken hatte, war noch immer keine Entschädigung gegeben.

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Christoph Leonhard Wolbach: Ulmische Zustände. Ernst Nübling, Ulm 1846, Seite 09. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ulmische_Zust%C3%A4nde_09.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)