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So schlief sie in der Halle,
Die Fürstin, reich geschmückt.
Bald hatte die Andern alle
Der gleiche Schlaf berückt.

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Die Sänger, schon in Träumen,

Rührten die Saiten bang,
Bis in des Schlosses Räumen
Der letzte Laut verklang.

Die Alte spann noch immer

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Im stillen Kämmerlein,

Es woben in jedem Zimmer
Die Spinnen, groß und klein,
Die Hecken und Ranken woben
Sich um den Fürstenbau,

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Und um den Himmel oben,

Da spann sich Nebelgrau. –

Wohl nach vierhundert Jahren,
Da ritt des Königs Sohn
Mit seinen Jägerschaaren

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In’s Waldgebirg davon:

„Was ragen doch da innen,
Ob all dem hohen Wald,
Für graue Thürm’ und Zinnen
Von seltsamer Gestalt?“

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0346.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)