Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815) | |
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„Mein Sohn! das sind die Schlegler, die schlagen kräftig drein, –
Ich kenne wohl den Eber, er hat so grimmen Zorn,
Ich kenne wohl die Rose, sie führt so scharfen Dorn.“
Da kömmt ein armer Hirte in athemlosem Lauf:
„Herr Graf! es zieht ’ne Rotte das untre Thal herauf.
Daß mir’s, wie Wetterleuchten, noch in den Augen beißt.“
„Das ist der Wunnensteiner, der gleißend’ Wolf genannt, –
Gib mir den Mantel, Knabe! – der Glanz ist mir bekannt,
Er bringt mir wenig Wonne, die Beile hauen gut, –
Ein Mägdlein mag man schrecken, das sich im Bade schmiegt,
Das ist ein lustig Necken, das Niemand Schaden fügt,
Wird aber überfallen ein alter Kriegesheld,
Dann gilt’s, wenn nicht sein Leben, doch schweres Lösegeld.“
Ich weiß geheime Wege, die noch kein Mensch betrat,
Kein Roß mag sie ersteigen, nur Geissen klettern dort,
Wollt Ihr sogleich mir folgen, ich bring’ Euch sicher fort.“
Sie klimmen durch das Dickicht den steilsten Berg hinan,
Wie herb das Fliehen schmecke, noch hatt’ er’s nie vermerkt,
Viel lieber möcht’ er fechten, das Bad hat ihn gestärkt.
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0315.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)