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Ist deine Mutter so edle Dam’,

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Wie du berühmst, mein Kind!

So hat sie wohl ein Schloß lustsam
Und stattlich Hofgesind?

Sag an! wer ist denn ihr Truchseß,
Sag an! wer ist ihr Schenk?“

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„Meine rechte Hand ist ihr Truchseß,

Meine linke, die ist ihr Schenk.“

„Sag an! wer sind ihre Wächter treu?“
„Meine Augen blau allstund“
„Sag an! wer ist ihr Sänger frei?“

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„Der ist mein rother Mund.“


„Die Dam’ hat wackre Diener, traun!
Doch liebt sie sondre Livrei,
Wie Regenbogen anzuschaun,
Mit Farben mancherlei.“

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„Ich hab’ bezwungen der Knaben acht

Von jedem Viertel der Stadt,
Die haben mir als Zins gebracht
Vierfältig Tuch zur Wat.“

„Die Dame hat, nach meinem Sinn,

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Den besten Diener der Welt.

Sie ist wohl Bettlerkönigin,
Die offne Tafel hält.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0296.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)