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Seine Lieder läßt sie schreiben
Allesammt mit goldnen Lettern,

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Köstlich ausgezierte Decken

Gibt sie diesen theuren Blättern;

Liest darin so manche Stunde,
Ach! und oft mit heißen Thränen,
Bis auch sie ergriffen ist

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Von dem unnennbaren Sehnen.


Von des Hofes lustigem Glanz,
Aus der Freunde Kreis geschieden,
Suchet sie in Klostermauern
Ihrer armen Seele Frieden.




2. Durand.


Nach dem hohen Schloß von Balbi
Zieht Durand mit seinem Spiele;
Voll die Brust von süßen Liedern,
Naht er schon dem frohen Ziele.

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Dort ja wird ein holdes Fräulein,

Wann die Saiten lieblich rauschen,
Augen senkend, zart erglühend,
Innig athmend, niederlauschen.

In des Hofes Lindenschatten

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Hat er schon sein Spiel begonnen,

Singt er schon mit klarer Stimme
Was er süßestes ersonnen.

Von dem Söller, von den Fenstern
Sieht er Blumen freundlich nicken,

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Doch die Herrin seiner Lieder

Kann sein Auge nicht erblicken.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0242.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)