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Sängerliebe.




Seit der hohe Gott der Lieder
Mußt’ in Liebesschmerz erbleichen,
Seit der Lorbeer seiner Schläfe
Unglückseliger Liebe Zeichen:

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Wundert’s wen, daß ird’schen Sängern,

Die dasselbe Zeichen kränzet,
Selten in der Liebe Leben
Ein beglückter Stern erglänzet?

Daß sie ernst und düster blicken,

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Ihre Saiten traurig tönen,

Daß von Lust sie wenig singen,
Aber viel von Schmerz und Sehnen?

Sängerliebe, tief und schmerzlich,
Laßt euch denn in ernsten Bildern

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Aus den Tagen des Gesanges,

Aus der Zeit der Minne, schildern!


1. Rudello.

In den Thalen der Provence
Ist der Minnesang entsprossen,
Kind des Frühlings und der Minne,
Holder, inniger Genossen.

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Blüthenglanz und süße Stimme

Konnt’ an ihm den Vater zeigen,
Herzensglut und tiefes Schmachten
War ihm von der Mutter eigen.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0239.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)