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„Seyd gegrüßt auf diesen Auen,

Schönste Jungfrau, edle Herrn!
Dürfet nicht ob mir ergrauen,
Eure Spiele schau’ ich gern.
Gerne möcht’ ich für mein Leben

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Mit euch brechen einen Speer,

Aber meine Arme beben,
Meine Kniee wanken sehr.

Kenne solche Zeitvertreibe,
Bin bei Lanz’ und Schwerdt ergraut,

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Panzer liegt mir noch am Leibe,

Wie dem Drachen seine Haut.
Auf dem Lande Kampf und Wunden,
Auf dem Meere Wog’ und Sturm;
Ruhe hab’ ich nie gefunden,

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Als ein Jahr im finstern Thurm.


Weh! verlorne Tag’ und Nächte!
Minne hat mich nie beglückt;
Nie hat dich, du rauhe Rechte!
Weiche Frauenhand gedrückt.

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Denn noch war dem Erdenthale

Jene Blumenjungfrau fern,
Die mir heut zum ersten Male
Aufgeht, als ein neuer Stern.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0221.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)