Seite:UhlandGedichte1815 0193.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Die drei Lieder.


In der hohen Hall’ saß König Sifrid:
„Ihr Harfner! wer weiß mir das schönste Lied?“
Und ein Jüngling trat aus der Schaar behende,
Die Harf’ in der Hand, das Schwerdt an der Lende.

5
„Drei Lieder weiß ich; den ersten Sang,

Den hast du ja wohl vergessen schon lang:
Meinen Bruder hast du meuchlings erstochen!
Und aber: hast ihn meuchlings erstochen!

Das andre Lied, das hab’ ich erdacht

10
In einer finstern, stürmischen Nacht:

Mußt mit mir fechten auf Leben und Sterben!
Und aber: mußt fechten auf Leben und Sterben!“

Da lehnte er die Harfe wohl an den Tisch,
Und sie zogen Beide die Schwerdter frisch,

15
Und fochten lange mit wildem Schalle,

Bis der König sank in der hohen Halle.

„Nun sing’ ich das dritte, das schönste Lied,
Das werd’ ich nimmer zu singen müd:
König Sifrid liegt in seim rothen Blute!

20
Und aber: liegt in seim rothen Blute!“
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0193.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)