Seite:UhlandGedichte1815 0189.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Und kamen des Wegs mit Sitten
Drei zarte Jungfräulein:
„Ihr Wächter, liebe drei Wächter,
Laßt uns in den Garten ein!“

25
Als die Jungfraun Rosen gebrochen,

Da han sie all drei gesprochen:
„Was blutet mir so die Hand?
Hat mich das Röslein gestochen?“

Da wandelten die drei Wächter

30
Gar treulich vor der Thür.

Die Röslein dufteten stille
Und blickten lieblich herfür.

Und kamen des Wegs auf Rossen
Drei freche Rittersleut’:

35
„Ihr Wächter, schnöde drei Wächter,

Sperret auf die Thüre weit!“

„Die Thüre, die bleibet zu,
Die Schwerdter, die sind blos,
Die Rosen, die sind theuer,

40
Eine Wund’ gilt jegliche Ros’.“


Da stritten die Ritter und Wächter,
Die Ritter den Sieg erwarben,
Zertraten die Röslein all,
Mit den Rosen die Wächter starben.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0189.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)