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Es hegt der seltnen Waaren mancherlei
Die ich vom Mittelmeere hergeführt,
Goldfrüchte, süsse Weine, bunte Vögel;
Auch wahrt es Waffen, nord’scher Schmiede Werk,
Zweischneid’ge Schwerdter, Harnisch, Helm und Schild.

Richard.

Nicht solches meint’ ich, du verstehst mich falsch.
Es ist ein Brauch in unsrer Normandie:
Wer einen Gast an seinem Heerd empfieng,
Verlangt von ihm ein Mährchen oder Lied
Und gibt sofort ein Gleiches ihm zurück.
Ich halt’ in meinen alten Tagen noch
Die edeln Sagen und Gesänge werth,
Darum erlass’ ich dir die Fodrung nicht.

Balder.

Ein Mährchen ist oft süß wie Cyperwein,
Wie Früchte duftig und wie Vögel bunt,
Und manch ein alterthümlich Heldenlied
Ertönt wie Schwerdtgeklirr und Schildesklang,
Drum war mein Irrthum wohl nicht allzu groß.
Zwar weiß ich nicht so Herrliches zu melden,
Doch ehrt’ ich gern den löblichen Gebrauch.
Vernimm denn, was in heitrer Mondnacht jüngst
Ein Schiffgenoß auf dem Verdeck erzählt!

Richard.

Noch einen Trunk, mein Gast! Beginne dann!

Balder.

Zween nord’sche Grafen hatten manches Jahr
Das Meer durchsegelt mit vereinten Wimpeln,
Vereint bestanden manch furchtbaren Sturm,

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0144.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)