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Schon rüsten sich die Heere zum Verderben,

Der Frühling rüstet sich zu Spiel und Reigen;
Die Trommeln wirbeln, die Trommeten werben,
Indeß die wilden Winterstürme schweigen;
Mit Blute wird der Krieg die Erde färben,

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Die sich mit Blumen schmückt und Blüthenzweigen:

Darf so der ird’sche Lenz sich frei erschließen,
So mög’ auch unser Dichterfrühling sprießen!

2.


Nicht schamroth weichen soll der Sängerorden,
Wann Kriegerscharen ziehn im Waffenglanze;
Noch ist sein Lied kein schnödes Spiel geworden,
Doch ziert auch ihn der Degen und die Lanze;

5
Wohl schauervoll ist jener Sturm aus Norden,

Doch weht er frisch und stärkt zum Schwerdtertanze.
Wollt, Harfner, ihr durch Feindeslager schreiten,
Noch steht’s euch frei – den Eingang zu erstreiten.

Wann: Freiheit! Vaterland! ringsum erschallet,

10
Kein Sang tönt schöner in der Männer Ohren,

Im Kampfe, wo solch heilig Banner wallet,
Da wird der Sänger kräftig neugeboren.
Hat Aeschylos, deß Lied vom Siege hallet,
Hat Dante nicht dieß schönste Loos erkoren?

15
Cervantes ließ, gelähmt, die Rechte sinken

Und schrieb den Don Quixote mit der Linken.[1]


  1. Dieses ist unrichtig, dem Cervantes wurde in dem
    Seetreffen bei Lepanto die linke Hand gelähmt.
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0121.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)