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zu dieser Aufstellung gekommen ist, müssen wir uns selbst sagen.

Sein Buch entstand, wie wir gesehen haben, in der „glücklichen Lombardei, wo man nichts kennt, als Lebensfreude“; es entsprang inmitten von Lust und Frohsinn einer heiteren Laune, gedieh unter der Sonne der Liebe zu einer schönen Italienerin, und ward von den Tränen dieser Liebe benetzt … („Ich habe fast alle Tage geweint“, gesteht Stendhal in einer Anmerkung.) Und so atmet es denn auch ganz jene italienische Liebesauffassung, wie wir sie aus „Romeo und Julia“ kennen, es schildert jenen „Blitzschlag“ der Leidenschaft, der zwei Seelen zusammenschmilzt, jenen „Wahnsinn der Liebe, der den Menschen den größten irdischen Genuß verspricht“ und sie der Schönheit, diesem „Versprechen des Glücks“ folgen heißt – ohne innere Kämpfe, ohne Tugendbedenken, ohne Rücksicht auf Leben und Tod. Denn zum Glück ist der Mensch geschaffen; sein Vergnügen ist sein tiefster Trieb; diesen Grundsatz des Helvetius unterstreicht Stendhal, und mit Genugtuung zitiert er jenes Wort Vergils:

Torva, leaena, lupum sequitur, lupus ipse capellam;
Florentem cytisum sequitur lasciva capella.
...... Trahit sua quemque voluptas
.“

Aber „post equitem sedet atra cura“. Nach den imaginären Wonnen der ersten „Kristallbildung“ kommt der Moment der Hingabe, der die Geliebte von der Königin zur Sklavin erniedrigt, und sofort nach ihrer Niederlage beginnen Angst und Sorge sie zu quälen. Er hat sie erobert: wird er ihr treu bleiben? Auch dem

Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite X. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_V_010.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)