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die er nicht kennt und nie sehen wird und doch bis zum Wahnsinn liebt …“ Und schließlich sagt er an anderer Stelle: „Ich werde erst um 1900 gelesen werden.“

Alles das ist eingetroffen. Unter seinen Zeitgenossen war es nur eine ganz kleine geistige Elite, die ihn verstand, wie Balzac und Mérimée; andere, wie Heinrich Heine,[1] haben aus seiner Quelle geschöpft, ohne ihren Wert zu erkennen oder ohne ihr Dank zu wissen.[2] Erst 1864 entriß Hippolyte Taine diesen kühnen „Vorläufer der Moderne“ seiner schnöden Vergessenheit. Später waren es jenseits des Rheines Emile Zola und Paul Bourget, und bei uns Friedrich Nietzsche, die Stendhals Namen bewundernd verkündeten. Auch andere Geister,


  1. Der Übersetzer hat im Feuilleton der „Frankfurter Zeitung“ vom 28. September 1902 eingehend nachgewiesen, daß Heinrich Heine, der Stendhals Namen weder in seinen Schriften noch in seinen bisher bekannt gewordenen Briefen je erwähnt hat, ihn trotzdem (zum mindesten das Buch „De l’Amour“) gekannt haben muß. Sowohl Heines populär gewordener „Asra“, wie seine Ballade „Geoffroy Rudèl und Melisande von Tripoli“, beide im „Romanzero“ (entstanden in der Zeit von 1846 bis 1851), haben aus dem vorliegenden Buche (vergl. Seite 202 und 316) geschöpfte Stoffe. Insbesondere weisen die Formen „Geoffroy“ (altprovençalisch „Jaufré“, bei Uhland „Joffroy“) und „Tripoli“ (für „Tripolis“) auf eine Quelle moderner französischer Sprache hin.
  2. Ganz unbeachtet ist Stendhal bei seinen deutschen Zeitgenossen keineswegs gewesen. Vgl. über Goethe im Namenverzeichnis. F. W. Carové bringt in „Über Frankreich, Italien und Spanien von Fievée, Stendhal und Rotalde“, Leipzig (Wolbrecht), 1831, auf Seite 27–80 übersetzte Bruchstücke aus Stendhals „Wanderungen durch Rom“ und eine Kritik dieses Werkes. Pierre Brun erwähnt in seiner Biographie „Beyle-Stendhal“, Grenoble (Gratier), 1900, Seite 111, eine deutsche (bibliographisch leider nicht auffindbare) Übersetzung von Stendhals „Memoiren eines Touristen“, die vor 1842 erschienen ist. Schließlich gibt es eine deutsche Übertragung der „Karthause von Parma“ unter dem Titel „Kerker und Kirche, Roman frei nach Stendahls (!) Chartreuse de Parme“, Dresden (Arnoldi), 1845.
Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite VIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_V_008.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)