Seite:Ueber die Liebe 295.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


erste Eindruck ist stets der einer Kammerjungfer, die keine Zeit zu ihrer Toilette gehabt hat.“

Es ist das der einzige Grund, den man gegen Shakespeare und zu gunsten der drei Einheiten geltend machen kann. Ich kenne auch Leute, die Correggio und Michelangelo gering schätzen. Und sicherlich ist Herr Donézan ein außerordentlich gebildeter Mann.


86.

Vater und Sohn. (Ein Gespräch aus dem Jahre 1787.) Der Vater (Minister): „Ich wünsche dir Glück, mein Junge. Es ist höchst angenehm für dich, vom Herzog von *** eingeladen zu sein. Für einen jungen Mann deines Alters ist das eine hohe Auszeichnung. Verfehle ja nicht, pünktlich um sechs Uhr im Palais *** zu sein.“

Der Sohn: „Ich vermute, daß Sie auch dort dinieren?“

Der Vater: „Der Herzog von ***, zuvorkommend wie stets gegen unsere Familie, hat in Anbetracht dessen, daß du zum ersten Male da bist, die Gewogenheit gehabt, mich mit einzuladen.“

Der Sohn, ein junger Mann aus bester Familie und von vorzüglicher Erziehung, stellt sich pünktlich im Palais *** ein. Es sind sieben Herren zu Tisch. Der Sohn ist seinem Vater gegenübergesetzt worden. Jeder Gast hat neben sich eine nackte Frau. Einige zwanzig Bediente in großer Livree servieren.


87.

Einen festen Charakter haben, heißt lange und beständige Erfahrungen in den Enttäuschungen und Unglücksfällen des Lebens haben. Dann begehrt man entweder unbeugsam oder gar nicht.



Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_295.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)