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drei Tagen aus den Salons von Marín nach den Schlachtfeldern von Seneffe und Ramillies. Gattinnen, Mütter und Geliebte lebten fortwährend in Angst. (Vgl. die Briefe der Frau von Sévigné.)

Die ewige Gegenwart der Gefahr bewahrte der Sprache eine Kraft und Freimütigkeit, wie wir sie uns heutzutage nicht herauszunehmen wagen,


24.

Kalt, tapfer, berechnend, mißtrauisch, immer in Furcht, sich von jemandem begeistern zu lassen, der sich dann heimlich darüber lustig machen könnte, völlig frei von Überschwenglichkeit, ein wenig eifersüchtig auf die Leute, die im Gefolge Napoleons große Ereignisse gesehen haben, – so war die Jugend zu meiner Zeit, mehr achtbar, als liebenswert. Dieser Charakter fand sich selbst unter den Rekruten, die doch nur das Ende ihrer Dienstzeit herbeisehnen.

Jede Erziehung, gleichgültig ob sie einem planmäßig oder durch Zufall zu teil wurde, bildet den Menschen für eine bestimmte Zeit seines Lebens. Die Erziehung im Zeitalter Ludwigs des Fünfzehnten erhob das fünfundzwanzigste Jahr zum Höhepunkt des Lebens.

Die jungen Leute meiner Zeit finden ihn mit vierzig Jahren, wenn sie Mißtrauen und Ansprüche fallen gelassen und dafür Heiterkeit und Sorglosigkeit geerntet haben,


25.

Warum stürzt ein Mörder in dem Augenblick, wo er einen Menschen tötet, nicht leblos zu den Füßen seines Opfers nieder? Warum gibt es Krankheiten? Und da es Krankheiten gibt, warum stirbt ein Troistaillons nicht an der Kolik? Warum hat Heinrich der Vierte

Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_265.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)