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10.

In Frankreich sind Männer, die ihre Frauen verloren haben, traurig, Witwen aber lustig und glücklich. Das Glück dieses Zustandes ist sprichwörtlich. Also herrscht in der Vereinigung keine Gleichheit.


11.

Die meisten Französinnen lassen einen jungen Mann erst gelten, wenn sie aus ihm einen Gecken gemacht haben. Erst dann vermag er ihrer Eitelkeit zu schmeicheln.

(Duclos.)


12.

Da Französinnen niemals das Glück der wahren Leidenschaft kennen lernen, stellen sie auch nur geringe Anforderungen an das innere Glück ihres Hauses und an die Alltäglichkeit ihres Lebens.


13.

Die Macht der Frau ist in Frankreich sehr groß, die Macht der Frauen viel zu gering.


14.

Die Französin in der Provinz ist vierzig Jahre hinter der Pariserin zurück. Eine verheiratete Frau sagte mir, daß sie sich nur bestimmte Teile der Memoiren von Lauzun zu lesen gestatte. Ich bin starr über solche Beschränktheit und finde keine Worte dafür. Dieses Buch läßt man wahrlich nicht ungelesen.

Der Mangel an Natürlichkeit ist ein Hauptfehler an den Frauen der Provinz, so beweglich und anmutig sie sonst sind. Die in ihrer Stadt eine Rolle spielen, sind noch schlimmer, als die anderen.



Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_262.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)