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Vergnügen.“ – „Ich will sie ihr gern bringen,“ sagte sie. Darauf lief sie zu Om-el-Bonain, um ihr Nachricht von Ueddah zu geben. – „Was sagst du mir da?“ rief diese, „was, Ueddah lebt?“ – „Gewiß,“ erwiderte die Magd. – „Geh und sage ihm,“ fuhr Om-el-Bonain fort, „er soll sich nicht eher wieder entfernen, als bis er eine Botschaft von mir erhalten hat.“ – Nunmehr traf sie Vorkehrungen, um Ueddah bei sich einzulassen, und hielt ihn danach in einer Truhe verborgen. Wenn sie sich sicher glaubte, ließ sie ihn heraus, um mit ihm zusammen zu sein, und wenn jemand kam, der ihn nicht sehen sollte, ließ sie ihn wieder in die Truhe steigen.

Es begab sich eines Tages, daß man Ualid eine Perle brachte, und er sagte einem seiner Sklaven: „Nimm diese Perle und bringe sie Om-el-Bonain!“ – Der Diener nahm die Perle und brachte sie zu Om-el-Bonain. Da er sich nicht anmelden ließ, trat er in ihr Gemach in einem Augenblick, wo Ueddah bei ihr war, und konnte unbemerkt einen Blick in das Schlafgemach der Om-el-Bonain tun. Der Diener entledigte sich seines Auftrags und bat Om-el-Bonain um eine kleine Belohnung für das gebrachte Kleinod. Sie schlug sie ihm barsch ab und schalt ihn aus. Er ging erbittert von ihr und hinterbrachte Ualid, was er beobachtet hatte, und beschrieb die Truhe, in die er Ueddah hatte steigen sehen. – „Du lügst, mutterloser Sklave! Du lügst!“ schrie Ualid und lief hastig zu Om-el-Bonain. In ihrem Gemache standen verschiedene Truhen. Er setzte sich auf die, in der Ueddah steckte, die ihm der Sklave beschrieben hatte, und sagte zu Om-el-Bonain: „Schenke mir eine dieser Truhen!“

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Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_205.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)