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als in allen anderen morgenländischen Ländern Wurzel gefaßt.

Die Franzosen haben aus Ägypten vier Foliobände mit dem Titel „Buch der Lieder“ mitgebracht. Diese Bände enthalten:

1. Lebensbeschreibungen der Dichter der Lieder.

2. Die Lieder selbst. Der Dichter besingt darin alles, was ihn bewegt; er verherrlicht seine Geliebte, sein flüchtiges Roß und seine Waffen. Diese Lieder sind oft Liebesbriefe, die der Geliebten ein treues Bild aller Seelenempfindungen des Verfassers geben. Er singt darin zuweilen von kalten Nächten, wo er gezwungen ist, aus Pfeil und Bogen ein Feuer anzuzünden. Die Araber sind ein obdachloses Volk.

3. Lebensbeschreibungen der Komponisten, die zu den Liedern die Melodien geschaffen haben.

4. Zum Schluß eine Zusammenstellung von musikalischen Regeln. Diese Formeln sind für uns Hieroglyphen. Für immer wird uns diese Musik unbekannt bleiben und übrigens würde sie nicht nach unserem Geschmacke sein.

Es gibt noch eine Sammlung mit dem Titel „Geschichten von Arabern, die aus Liebe gestorben sind“.

Diese höchst seltenen Bücher sind sehr wenig bekannt. Die Gelehrten, die sie lesen könnten, haben ein vom Studieren und vom Gelehrtendasein ausgedörrtes Herz. Um sich unter diesen, durch ihr Alter und die seltsame Schönheit der Kultur, die sie ahnen lassen, so interessanten Denkmälern zurechtzufinden, muß man sich in die Geschichte vertiefen.

Zu allen Zeiten und schon vor Mohammed pilgerten die Araber nach Mekka zur Wallfahrt nach der Kaaba

Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_199.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)