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ausmachen, wie im Mittelalter. Der Gefahr, wie sie von unserer Kultur geschaffen und ausgeschmückt wird, ist auch der schwächste Charakter gewachsen.

Ich finde in O’Mearas Buch „A voice from Saint-Helena(II, 94) die Worte eines großen Mannes:

„Murat erhält den Befehl: Gehen Sie zur Vernichtung der sieben oder acht feindlichen Regimenter vor, die dort unten in der Ebene am Kirchdorf stehen! Im Augenblick war er wie ein Blitz auf und davon, und so wenig Kavallerie er auch führte, die feindlichen Regimenter waren bald zersprengt, vernichtet und verschwunden. Überläßt man diesen Mann aber sich selbst, so hat man einen Schwachkopf ohne Urteil. Es ist mir unbegreiflich, wie ein so tapferer Mann so feig sein kann. Nur vor dem Feinde war er tapfer, dort aber gewiß der glänzendste und mutigste Soldat von ganz Europa.

Er war ein Held, ein Saladin, ein Richard Löwenherz auf dem Schlachtfelde. Machte man ihn zum König oder setzte man ihn in einen Ministerrat, so war er nichts, als ein Feigling ohne Willen und Urteil. Murat und Ney sind die tapfersten Männer, die ich gekannt habe.“


42. Noch einmal Frankreich

Frankreich nimmt in der Anlage dieses Buches viel Raum ein, weil Paris dank der Überlegenheit seiner Literatur und seiner Sprache der Salon Europas ist und bleiben wird.


Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_142.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)