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40. Allgemeines

Immer trägt alle Phantasie und Liebe eines Menschen die Farbe eines der sechs Temperamente; sie ist:

sanguinisch in Frankreich (Herr von Francueil, Memoiren der Frau von Epinay),

cholerisch in Spanien (Lauzun; Peguilhen in den Memoiren von Saint-Simon),

melancholisch in Deutschland (Schillers Don Carlos),

phlegmatisch in Holland,

nervös (Voltaire),

athletisch (Milon von Kroton).

Wenn der Einfluß des Temperaments schon im Ehrgefühl, im Geiz und in der Freundschaft hervortritt, so muß er sich erst recht in der Liebe geltend machen, die eine starke Beimischung vom Physischen hat.

Nehmen wir an, daß jede Liebe sich einer der von mir im ersten Buche aufgestellten Arten zurechnen läßt, zu der

Liebe aus Leidenschaft (Julie von Etanges),

Liebe aus Galanterie,

Liebe aus Eitelkeit,

Liebe aus Sinnlichkeit.

Lassen wir nun diese vier Arten der Liebe sich mit den sechs Spielarten des Temperaments mischen. Tiberius

Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_136.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)