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In aller Gegenwart gab er ihr grobe Antworten, so daß die Umstehenden wegblickten, und die Herzogin, die ihre leidenschaftlichen Gefühle für ihn kaum verbarg, errötete.“

Riom war für die Herzogin ein fürstliches Mittel gegen die Langeweile.

Eine berühmte Frau sagte einmal ohne Zusammenhang zum General Bonaparte, der damals ein ruhmvoller junger Held war und sich noch nicht an der Freiheit vergangen hatte: „General, Ihnen kann eine Frau nur Gattin oder Schwester sein!“ Der Held verstand das Kompliment nicht.

Solche Frauen lieben es, von ihrem Liebhaber verachtet zu werden; sie lieben ihn nur, wenn er grausam ist.


38. Von den Heilmitteln der Liebe

Der Sprung vom leukadischen Felsen ist ein schönes Gleichnis aus dem klassischen Altertum. In der Tat gibt es kaum ein Heilmittel gegen die Liebe. Es bedarf nicht nur der Gefahr, die des Menschen Aufmerksamkeit lebhaft auf seine Selbsterhaltung richtet,[1] sondern auch, was viel schwieriger ist, einer andauernden, nervenreizenden Gefahr, deren Abwehr Geschicklichkeit verlangt, um dem Gedanken an die Selbsterhaltung Zeit zur Entwickelung zu lassen. Dazu genügt nur ein sechzehntägiger Sturm, wie ihn Don Juan (bei Byron) erlebte, oder ein Schiffbruch, wie der Cochelets bei den Mauren. Andernfalls gewöhnt man sich sehr rasch an die Gefahr und man beginnt sogar an die Geliebte mit noch größerem Entzücken


  1. [350] Zum Beispiel die Gefahr Henri Mortons im Clyde. Scott, „Old Mortality“, IV, 224.
Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_129.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)