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„...... Ein wertlos Wort,
Vom Wind gebracht: der Eifersüchtge nimmt’s
Wie heilges Evangelium auf.“

Ich habe empfunden, daß auch der Anblick eines schönen Meeres tröstlich ist.

The morning which had arisen calm and bright, gave a pleasant effect to the vaste mountain view which was seen from the castle on looking to the landward; and the glorious ocean crisped with a thousand rippling waves of silver, extended on the other side in awful yet complacent majesty to the verge of the horizon. With such scenes of calm sublimity, the human heart sympathizes even in his most disturbed moods, and deeds of honour and virtue are inspired by their majestic influence.[1]

Im Tagebuche meines Freundes finde ich: „Ich sehe oft, und wie ich glaube, höchst törichterweise das ganze Leben mit dem Gefühl eines Ehrgeizigen oder eines braven Untertanen an, der während einer Schlacht einen Fuhrpark bewachen muß, oder irgend einen andern Posten ohne Gefahr und Tätigkeit einnimmt.

„Mit vierzig Jahren würde ich es bedauern, die Jahre der Liebe ohne tiefe Leidenschaft verbracht zu haben. Ich würde ein bitteres und herabstimmendes Mißbehagen empfinden, wenn ich zu spät entdeckte, daß ich so töricht war, mein Leben dahingehen zu lassen, ohne zu leben.“

„Gestern war ich drei Stunden lang bei der Frau, die ich liebe, mit einem Nebenbuhler zusammen, den sie absichtlich gut behandelte. Ohne Zweifel waren es für mich bittere Augenblicke, wenn ich ihre schönen


  1. [349] Zitat aus Walter Scotts „Braut von Lammermoor“, I, 198. [Deutsch: „Der Morgen, der ruhig und hell erwacht war, gab selbst der weiten Sumpflandschaft, die man vor der Burg landeinwärts erblickte, ein heiteres Ansehen. Auf der anderen Seite dehnte sich das ehrwürdige Meer, von tausend wogenden Silberwellen gekräuselt, in ernster, aber milder Hoheit bis zum äußersten Gesichtskreis hin aus. Das Menschenherz im aufgeregten Zustande liebt solche Bilder stiller Größe, und ihr mächtiger Einfluß begeistert zu edlen und guten Taten.“ Vgl. die Reclamsche Übersetzung, Seite 109.)
Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_108.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)