betreffende Mensch seine Muskeln nicht „anzuspannen“. In der militärischen Haltung hingegen spannen sich die Rückenmuskeln straff an, um die Wirbelsäule gerade zu strecken. Bei „Bauch hinein!“ wird das Becken etwas weniges nach hinten geschoben, so daß die Körperachse nunmehr vor die Hüftgelenksachse fällt; bei „Brust heraus!“ wird die Wirbelsäule im Lendensegment stärker durchgebogen, die Lendenlordose vermehrt, so daß bei gleichzeitig „durchgedrückten Knien“ der ganze Oberkörper etwas vorwärtsgeneigt erscheint. Mit Recht wird immer hervorgehoben, daß „die militärische Haltung nichts anderes ist, als ein nur für küzere Zeit einhaltbares Extrem“ [1]).
Gerade in dieser extremen Haltung ist aber die Lendenlordose besonders stark ausgeprägt, ein Umstand, auf den man in letzter Zeit, mit Rücksicht auf die Ätiologie der Enteroptose, besonders geachtet hat. Der Grund hiezu ist ja augenfällig.
Es wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß sich eine schlanke Taille nur bei aufrechter Körperhaltung formt [2]), und wir sahen, daß selbst das 12jährige Mädchen in aufrechter Haltung die Andeutung einer Taille – eine seichte Einziehung des Weichteilcontours – aufwies. Die schlanke Taille weist immer auf eine vermehrte Beckenneigung hin. Wir wissen ferner, daß sich die Weichen im Sitzen oder in der Hocke, wegen Verkürzung des Bauchraumes, mit den Eingeweiden stärker füllen, wobei die Taille verstreicht und einen „lose angelegten Gürtel bis an das Brustblatt hinauf verschiebt“ (Langer; ibid.). Ferner, daß sich die Weichen in der Rückenlage buchten und die Bauchwand einsinkt – kurz, daß die Weichen – inde nomen – weich und nachgiebig sind und sein müssen. Deshalb ist auch der quere Durchmesser der Weichen, den ich hier angeführt habe, natürlich etwas Wechselndes und ist nur im Zusammenhalt mit dem Durchmesser fixer Teile zu verwerten.
Je stärker die Lordose und Beckenneigung, um so mehr verlängert sich die Bauchhöhle, um so mehr rücken die Kontenta aus den Flanken in die vorderen, tieferen Partien, da die lordotische Rückwand die Bauchhöhle zu einem schlechteren Exzipiens macht als beispielsweise die Brust- und Beckenhöhle, wo die kyphotischen Teile der Wirbelsäule den Charakter der Höhle besonders hervortreten lassen.
Ich brauche wohl nicht erst darauf hinzuweisen, daß gerade der fortwährende Wechsel der Konfiguration der
Oscar Kraus: Über den Einfluss des Korsetts auf die somatischen Verhältnisse. Moritz Perles, Wien 1904, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Uber_den_Einfluss_des_Korsetts_auf_die_somatischen_VerhaltnissPage8.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)